Herr Ralph Kundig und Herr Gabriel Barta, Präsident bzw. Vizepräsident von BIEN-Schweiz, wurden am 22. November 2021 von der Wirtschaftskommission des Genfer Grossen Rates angehört. Diese prüft derzeit den Vorschlag für eine Motion "Pour une expérience pilote du RBI à Genève [1]" (Für einen Pilotversuch mit dem BGE in Genf). Die Anhörung dauerte fast zwei Stunden und bestand aus zwei Phasen: einer von Herrn Kundig moderierten [2] visuellen Präsentation [3] (FR) des Projekts und einer anschließenden Diskussion.
Die Präsentation erinnerte an die Grundprinzipien des BGE, den grundlegenden Unterschied Verhältnis zu einer Sozialleistung, seine Unterstützung seitens Persönlichkeiten aus allen politischen Lagern, seine Hauptvorteile, wie es sich in das bestehende persönliche Einkommen einfügt, das Anwendungs- und (Finanzierungsmodell von BIEN.CH [4] NPV-Modell von Martino Rossi, FR + andere Quellen), die Lösung, die es für die vierte industrielle Revolution oder für Krisensituationen bieten könnte, und schliesslich die Gründe und praktischen Überlegungen für einen Pilotversuch in Genf.
Die zahlreichen Fragen der Abgeordneten zeigten ihr Interesse und manchmal auch ihre gute Vorkenntnis des Themas. Unter den Themen, die zum BGE selbst angesprochen wurden, wollten die Abgeordneten vertiefen, welche Veränderungen es im Sozialsystem mit sich bringen würde und welche Leistungen gestrichen oder angepasst würden. Unsere Redner wiesen darauf hin, dass das BGE nur bestimmte Sozialleistungen und nur bis zu deren Höhe ersetzen würde. In Fällen, in denen das BGE nicht ausreiche, um seinen Zweck, ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, zu erfüllen, müsse es durch eine ergänzende Sozialleistung ergänzt werden, die denselben Grundsätzen entspreche wie die Leistungen, die bereits die AHV oder IV ergänzten.
Einige Abgeordnete brachten auch den Einwand vor, dass Millionäre wie Herr Blocher das BGE nicht bräuchten. Wir antworteten ihnen, dass die Bedingungslosigkeit des BGE die eigentliche Neuheit sei, dass praktisch jeder in der Schweiz bereits aus der einen oder anderen Quelle ein Grundeinkommen beziehe und dass es die Universalität des BGE sei, die es zu einem Grundrecht mache, das jegliche Stigmatisierung oder Schuld für seinen Empfänger beseitige. Wenn schließlich auch Personen mit hohem Einkommen das BGE erhalten sollten, war die finanzielle Transaktion für sie nicht vorteilhaft, weil sie mehr als andere zu seiner Finanzierung beitragen würden.
Auch die Frage der Inflation wurde aufgeworfen. Die Antwort lautete: Da das BGE insgesamt nicht aus zusätzlichem Geld besteht, sondern aus der Sicherung des Einkommens, das zur Deckung der Grundbedürfnisse notwendig ist, gibt es diesbezüglich keinen Anlass zu Befürchtungen. Dies, obwohl man eine andere Einkommensverteilung zum Vorteil der unteren Mittelschicht oder der Working Poors erwartet, denn in der Schweiz gebe es genug Wettbewerb beim Angebot von Produkten des täglichen Bedarfs.
Schließlich wurden die praktischen Modalitäten eines Pilotversuchs in Genf diskutiert. Zur Frage der Stichprobenziehung wurde daran erinnert, dass, wie bereits im Motionsvorschlag zum Ausdruck gebracht, die teilnehmende Bevölkerung ausreichend zahlreich und vielfältig sein sollte - Alter, Geschlecht, Beruf, Einkommensniveau usw. Dies sei notwendig, damit das Experiment ein überzeugendes Ergebnis bringen und die Verzerrungen anderer Experimente wie in Finnland vermeiden könne, wo nur Personen außerhalb des Arbeitsmarktes einbezogen worden seien. Es wurde daran erinnert, dass, wie in der Vorabpräsentation gezeigt, tragbare effektive Kosten für das Experiment zu erwarten waren, weil nur ein recht bescheidenes Zusatzeinkommen erforderlich war, um den wirtschaftlichen Vorteil des BGE in der unteren Lohnskala zu simulieren.
Viele der bei der Anhörung anwesenden Abgeordneten zeigten echtes Interesse am Thema BGE, was die lange Dauer der Sitzung und die Anzahl der gestellten Fragen erklärt. Die von ihnen geäußerten Zweifel zeigen jedoch, dass bis zur konkreten Einführung des BGE noch viele Studien und Experimente nötig sein werden, um alle möglichen Folgen einer solch radikalen wirtschaftlichen Veränderung abschätzen zu können. Obwohl ein Pilotexperiment tatsächlich dazu beitragen kann, indem es die Möglichkeit bietet, bestimmte individuelle Verhaltensweisen zu bewerten, wird es keinesfalls in der Lage sein, die bedeutenden gesellschaftlichen, kulturellen und makroökonomischen Veränderungen zu messen, die das BGE mit sich bringt. Dennoch würde ein solches Experiment den verschiedenen institutionellen Akteuren die Möglichkeit bieten, das Thema besser zu verstehen, und potenziell zu weiteren Experimenten oder eingehenden akademischen Studien in den Bereichen Soziologie und Wirtschaft führen.
Links:
[1] https://q.bien.ch/de/story/nachrichten/motion-im-grossen-rat-kanton-genf-fur-einen-pilotversuch-mit-dem-bge
[2] https://q.bien.ch/sites/bien/files/pdf/presentation_experience_pilote_ge_notes.pdf
[3] https://q.bien.ch/sites/bien/files/pdf/presentation_experience_pilote_ge_diapos.pdf
[4] https://q.bien.ch/sites/bien/files/misc/story/2013/12/modele_van_martinorossi_2013.pdf